eService – Wat is dat?

Reihe: Digitalisierung im öffentlichen Sektor

In unserer Reihe „Digitalisierung im öffentlichen Sektor“ analysieren wir aktuelle Trends, sowie den Stand der Digitalisierung insb. bei Kommunen, und beleuchten diese an Beispielen aus der Praxis.

In den letzten Artikeln vom Dezember 2019 hatten wir das OZG ausführlich beleuchtet und dessen potenzielle Auswirkungen auf die deutsche Verwaltung analysiert. Essenzieller Bestandteil des Onlinezugangsgesetztes sind sogenannte Online-Services oder auch eServices (die Schreibweise variiert stark je nach Autor).

Doch was ist ein eService überhaupt und wie unterscheidet sich dieser von einem Antragsformular in Form eines ausfüllbaren PDFs? Was macht eigentlich einen guten Online Service aus? Wir fangen einmal ganz von vorne an…

Der Weg zum digitalen Formular

Die Idee eines Online-Service ist zunächst relativ einfach: Eine Dienstleistung egal welcher Art und Weise soll vom Empfänger der Dienstleistung online beantragt werden können. Dies soll sowohl dem Anbieter als auch dem Empfänger der Dienstleistung Zeit und Geld sparen.

Im Bereich der öffentlichen Verwaltung sind diese Dienstleistungen sehr vielfältig: So reichen diese von der Bestellung einer Urkunde, über den Empfang einer Sozialleistung oder der Zahlung eines Strafgeldes bis hin zu sehr aufwändigen und mehrstufigen Prozessen, wie beispielsweise einem komplexen Bauantrag. Grundsätzlich gilt hierbei: Umso einfacher der Prozess, desto eher kann er ohne Hilfe eines „Experten“ (hier: Sachbearbeiter) beantragt werden. Die Bestellung einer Jahreskarte für das städtische Schwimmbad zum Beispiel kann ganz ohne Experten erfolgen: Hier gilt im Normalfall: Geld gegen Leistung – Keine weitere Prüfung notwendig.

Für die meisten einfacheren Fälle gibt es seit jeher eine einfache Möglichkeit den direkten Kontakt mit dem Experten zu umgehen: Antragsformulare. Die Idee: Der Antragsteller trägt seine Daten dort ein und sendet es dem Experten, der wiederrum die Angaben prüft und (wenn nötig: Nach Eingang der Zahlung) die Dienstleistung durchführt.

Die maschinell erstellten Antragsformulare können – anstelle eines Ausdrucks – natürlich auch direkt in digitaler Form zur Verfügung gestellt und ausgefüllt werden – dies spart das Papier und den Transport. Von einem digitalen Formular spricht man allerdings erst dann, wenn das Antragsformular (in Form eines PDF-Dokumentes) mit sogenannten Formular-Feldern versehen wird, welche der Antragsteller also direkt am Computer ausfüllen kann. Es gibt auch andere Möglichkeiten digitale Formulare zu erstellen (z.B. einfache Word-Dokumente), das Format PDF ist allerdings vom Nutzer nicht veränderbar und standardisiert, sodass sich eine ausfüllbare Variante dessen mit Abstand am besten eignet. Es können sogar gewisse Siegel hinzugefügt werden, um die Echtheit des Dokumentes zu bestätigen.

Vom ausfüllbaren PDF zum HTML5-Formular

HTML5 ist laut Wikipedia die derzeit aktuellste Version der Computersprache HTML, mit der sich Texte und andere Inhalte im Internet „auszeichnen und vernetzen“ lassen.[1] HTML5 ist für alle offenen Web-Entwickler nutzbar (open-source) und bietet sich somit perfekt für die Übertragung von Antragsformularen ins Internet an. Im Vergleich zu einem „normalen“ ausfüllbaren PDF, bietet HTML5 insbesondere folgende Vorteile:[2]

  • Es bietet die Möglichkeit den Antrag wesentlich anschaulicher darzustellen
  • Es erlaubt die Benutzung verschiedenster Eingabe- und Ausgabegeräte (insb. ist es im Vergleich zum PDF responsiv darstellbar, kann sich also auch an die Größe von Handys und Tablets leicht anpassen)
  • Es erlaubt die Einbettung verschiedenster Logiken (Wenn/Dann). So können z.B. anfängliche Nutzereingaben dazu führen, dass im weiteren Verlauf des Formulars andere Felder eingeblendet oder ausgeblendet werden.
  • Die HTML5-Seite kann vom Hersteller in Echtzeit ständig aktualisiert und neuen Gegebenheiten angepasst – oder sogar vorübergehend deaktiviert – werden. Es ist somit viel flexibler als ein herkömmliches PDF-Dokument. Dieses kann zwar auch ausgetauscht werden, wenn es sich der Antragssteller aber vorher bereits heruntergeladen hat, ist es „zu spät“.
  • Es bietet die Möglichkeit andere Online-Dienste anzubinden. Hierzu im nächsten Kapitel mehr.

Natürlich gibt es auch viele andere Möglichkeiten einen Antrag online darzustellen, HTML5 ist jedoch die gängigste und wird daher hier thematisiert.

Anbindung von Zusatzservices

Die Darstellung eines behördlichen Antrags als HTML5-Formulares ist bereits ein guter Schritt in die richtige Richtung – aber ohne weitere Zusatzfunktionen können nur einfache Anträge und Prozesse abgebildet werden.

Für die Einbindung komplexerer Prozesse werden Zusatzfunktionen nötig, die sich in das HTML5-Formular integrieren lassen. Hier eine Auswahl, die für behördliche Anträge besonders nützlich sind:

Upload-Funktion

Häufig ist es für einen Antrag entscheidend, dass gewisse Antragsvoraussetzungen „belegt“ werden. Für eine Anmeldung eines Wohnsitzes beispielsweise ist es notwendig die sogenannte Wohnungsgeberbestätigung vorzulegen. HTML5-Formulare lassen sich ohne weiteres um eine Upload-Funktion erweitern – so können die entsprechenden Dokumente gescannt oder fotografiert und direkt dem Antrag beigefügt werden.

ePayment

Durch Dienstleistungen entsteht Aufwand – und dieser muss im Normalfall vom Auftraggeber bezahlt werden (für den öffentlichen Dienst in Form von „Verwaltungsgebühren“). Zwar ist es möglich dem Auftraggeber nach Ausführung des Onlineprozesses eine Rechnung zukommen zu lassen – dies führt allerdings zu einem neuerlichen Verwaltungsaufwand. Man greift also auf ein Konzept aus dem Onlinehandel zurück und bietet im Anschluss an die Onlinedienstleistung die Möglichkeit des ePayments an. Anbinden lassen sich hier Dienstleister, wie PayPal, GiroPay, Paydirekt und viele mehr. Auch die direkte Zahlung per Kreditkarte ist online möglich.

Online-Authentifizierung

„Das ist ja alles schön und gut – Aber wie beweist der Antragssteller, dass es sich auch wirklich um ihn handelt?“ Insbesondere diese Frage stand einer Verbreitung von Online-Services im öffentlichen Dienst sehr lange im Wege. – Macht ja alles keinen Sinn, wenn der Antragsteller dann doch vorbeikommen muss, um sich gegenüber dem Sachbearbeiter zu authentifizieren…

Mit dem neuen Personalausweis gibt es aber seit einigen Jahren erstmals die Möglichkeit seine Authentifizierung über gewisse Portale (z.B. das Servicekonto NRW) online auszuführen. Hierfür war lange Zeit ein Kartenlesegerät erforderlich (was kaum jemand besaß), seit einiger Zeit allerdings gibt es aber Apps, wie die Ausweisapp2, die eine Authentifizierung mit dem eigenen Smartphone ermöglichen – um die Möglichkeit einer Online-Authentifizierung einer größeren Menge an Bürgern zugänglich zu machen.

Auch die Möglichkeit der Authentifizierung per Servicekonto kann in HTML5-Formulare eingebunden werden, was die „letzte große Hürde“ somit beseitigt hat – Es kann (zumindest theoretisch) also jeder Antrag online abgebildet werden.

Fachverfahrensanbindung – „Die Königsklasse“

Der Antragsteller kann also seinen Antrag online ausfüllen und einreichen – dies spart ihm viel Zeit und im besten Fall sogar Geld. Doch wie geht es dann weiter? Die einfachste Möglichkeit ist, dass das Online-Verfahren eine E-Mail generiert, die dem zuständigen Sachbearbeiter den Antrag und zusätzliche Dokumente des Antragstellers übersendet. „Smart“ ist dies allerdings noch nicht. Richtig Zeit spart auch die Behörde erst, wenn die Anträge direkt ins Fachverfahren eingehen und dort dann vom zuständigen Sachbearbeiter überarbeitet werden können, oder noch besser: Wenn das Fachverfahren direkt und selbständig die Dienstleistung durchführt – z.B. also den entsprechenden Bescheid generiert und dem Antragsteller zukommen lässt.

Diese Anbindung ist allerdings je nach Aufwand des Antrages sehr komplex und erfordert dauerhafte Überprüfung der Schnittstelle – Eine Aktualisierung des Fachverfahrens beispielsweise kann dazu führen, dass gewisse Abfragen nicht mehr funktionieren. Es muss also für jede Dienstleistung im Einzelfall abgewägt werden, ob Ertrag und Aufwand eine Fachverfahrensanbindung rechtfertigen.


[1] Vgl. https://de.wikipedia.org/wiki/HTML5

[2] Vgl. https://developer.mozilla.org/de/docs/Web/HTML/HTML5